Der gute Mensch

Ich bin meilenweit davon entfernt ein guter Mensch zu sein. Es gibt hierbei Tage, wo innerhalb weniger Sekunden die ganze Erziehung über den Haufen geworfen wird.
Ich betrat also diese Bar um Flüssigkeiten zu trinken und bei etwas Glück vielleicht sogar welche auszutauschen. Ich stiess die Tür auf und betrat die verrauchte, aber gut aufgeräumte Kneipe. Die Schwingtüre schwang zurück und mitten ins Gesicht des Gastes, der hinter mir stand. Ihm wurde schwindlig und alles wirkte wie verschwommen. Mit ein paar entschuldigenden Worten machte ich mich auf, dem Barkeeper meine Bestellung aufzugeben.
Dass ich mich vordrängte war mir erst in dem Moment bewusst, als ein besoffener Barhocker mit schummrigen Augen mich freundlich aber bestimmt darauf aufmerksam machte, dass er den Anspruch auf das nächste Bier geniessen wolle. Natürlich hat er nicht exakt diese Wortwahl getroffen, aber ich verstand was er zu sagen im Sinne hatte. So ergab das eine Wort das andere und nachdem ich meine Nase wieder eingerenkt hatte, kam ich endlich zu meinem alkoholischen Genuss. Ich verhielt mich von nun an ruhig um die Welt noch einigermassen folgenlos in den Scharnieren der Höflichkeiten und unausgesprochenen Zwangsregeln zu halten.
Kurzum. Ich bin ein unfähiges Wesen mit Gefühlen die sich selten im Gesicht blicken lassen. Ich bin vergleichbar mit einem Neoprenanzug; unangenehm wenn man ihm zu nahe kommt, aber doch irgendwie hilfreich gegen garstige Bedingungen.
So schliesse ich meinen Vortrag über meine eigenen Unfertigkeiten im Leben und füge ein Zitat an, dass nicht treffender beschreiben könnte was es heisst die Welt aus meinen Augen zu sehen: „Lebenskunst besteht zu 90 Prozent aus der Fähigkeit, mit Menschen auszukommen, die man nicht leiden kann“.

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