Stillleben im Kühlschrank

Aus reiner Langeweile schlief ich ein paar Stunden. Ich träumte von Soapoperas und anderen Widrigkeiten. Als ich erwachte, bekam ich ein flaues Gefühl in der Gehirnregion. Ich konnte mich zu nichts motivieren, was mich nicht weiter störte. In meiner angesäuerten Stimmung zappte ich durch das Nachmittagsprogramm und quälte mich durch all diese wie-gestalte-ich-mein-Leben-interessanter Sendungen.

Nach zwei Stunden wäre ich fähig gewesen, meinen Garten umzugraben, die Wohnung meinem Charakter entsprechend umzugestalten und das Ernährungsprogramm meines Lebens zu absolvieren.

 

Mal abgesehen vom Garten standen mir alle Türen für ein besseres Dasein offen. Ich blickte durch das Wohnzimmer und erspähte das einzige Bild, das im Raum hing. Eigentlich war es nur der Rahmen, der an der weissgräulichen Wand hing... das Bild hatte den Weg in meine vier Wände noch nicht gefunden. Den Kühlschrank geöffnet, wehte mir ein beissender Geruch in die Nase, so dass ich ihn schnellstens wieder schloss.
Ich hängte mir den Mantel um und ging in einen Laden, der „die grossen Errungenschaften des Interior Designs“ führte. Dies versprach mir auf jeden Fall die überaus charmante Dame, welche dem dezenten Make-up schon vor Jahren abgeschworen hatte; ich fühlte mich unwohl.

 

Ich befestigte den letzten Reissnagel und musterte den Rahmen mit neu gewonnenem Inhalt etwas skeptisch – Stillleben nannte sie es. Eine Schale mit ein paar bunten Früchten auf bläulichem Hintergrund. Das Bild wurde wieder entfernt und in den Kühlschrank gestellt.
Ich legte mich schlafen; dieses Stilleben gefiel mir schon besser.

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