Die Rede des Präsidenten

Gestern Nacht erhielt ich relativ unerwartet einen Telefonanruf des Präsidenten. Er bat mich eine Rede für ihn zu schreiben. Das Thema wollte er mir nicht verraten, aus Gründen der Staatssicherheit. Ich sagte zu und versprach, objektiv zu bleiben. Er lehnte dies jedoch entschieden ab und legte den Hörer bedeutungsvoll auf. So setzte ich mich vor ein leeres Stück Papier und fing an zu schreiben:

„Wenn es uns gelingt, die gesamten Wassermassen diesen Planeten auf den Siedepunkt zu erwärmen, wäre das Problem der Wasserverschmutzung gelöst. Wir kochen den ganzen Planeten ab und fangen noch einmal ganz neu an. Dies ist unrealistisch, das ist mir und noch anderen bewusst. Deshalb wollen wir Nägel mit Köpfen machen und kein politisches Feuerwerk ablassen, welches viel sagt, ausser Konkretem. Die Lage ist bedrohlich; wie immer. Kein Grund den Kopf in den Sand zu stecken. Wir arbeiten zur Zeit mit Hochtouren an einer Lösung des Problems. Soviel können wir schon verraten. Aber dies wäre noch ein wenig verfrüht und führt nur zu Spekulationen, die wir zu verhindern wissen. Doch sobald der Zeitpunkt reif ist, werden die Menschen zur Kasse gebeten, die zur eindeutigen Verantwortlichkeit beigetragen haben. Das sind deutliche Worte, die ich nicht scheue auszusprechen. Wir sollten jedoch nicht mit dem Finger auf andere zeigen. Jeder Mensch macht Fehler und hat das Anrecht, angehört zu werden. Dennoch muss die Zukunft mit einbedacht werden und deshalb ist dies die einzig richtige Vorgehensweise. Am Schluss siegt immer die Ehrlichkeit und so schliesse ich meine Ansprache mit den Worten: Glaubt nicht immer was ihr hört und seht, vertraut eurem gesunden Menschenverstand und seit ehrlich. Den Rest machen wir.“

Die Nacht darauf schaltete ich den Fernseher ein und lauschte gebannt der Rede des Präsidenten. Er entschloss sich, meine Worte ein wenig umzuformulieren, weil er zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht solche konkreten Äusserungen aussprechen kann. Ein wenig geknickt öffnete ich mir eine Flasche Wein und dachte über Ehrlichkeit nach. Mir fiel nichts ein.

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