Der beinahe Bankraub

Gestern habe ich eine Bank überfallen. Lassen Sie sich vom Titel nicht irreführen. Eigentlich wollte ich nur mein Sparkonto auflösen. Ein dreissig Jahre alter Mann hinter mir wartete mit Gelassenheit hinter der Sicherheitslinie und studierte eine Broschüre über variable Zinssätze im Immobilienmarkt. Woher ich sein Alter kannte ist einfach zu beantworten. Auf jeden Fall erlitt ich einen Geistesblitz und erhob meine Gedanken auf Mundhöhe. Ich verkündete lauthals, mehrere Grundstücke erwerben zu wollen. Die Rendite sei besser als nie zuvor. Eifrig und geliert eilte ein Kundenberater aus einer mir bis dahin unbekannten Ecke dieser Bank und chauffierte mich mit seinem Fundamentlächeln in sein Büro. Ohne zu fragen unterbreitete er in routiniertem Stil seine Unterlagen vor meinem Auge aus. Kalkulierend und mit Zinssätzen um sich werfend füllte sich mein Nachmittag zusehends mit weniger Zeit als erwartet. Fünf lukrative Optionen später erwiderte ich nicht unbedacht, dass ein Baumhaus die ideale Investition in meine Zukunft sei. Nicht nur bietet es Schutz vor Hochwasser, nein, es liegt auch garantiert im Grünen. Den umwelttechnischen Aspekt hatte er nicht bedacht. Zur Zeit hätte er nichts dergleichen im Angebot und verwies abermals auf die grundsolide Immobilie in seinem Portfolio. Mit zunehmendem Desinteresse verliess ich die Räumlichkeiten und flüsterte dem Mann mit der Broschüre noch zu: „ Die sind hier nur auf ihr Geld aus“. Er staunte entsetzt und trat angewidert einen Schritt von der Diskretionslinie weg. Mehr passierte nicht.

Sie stellen zurecht fest, dass diese Geschichte nicht von einem Bankraub handelt, „beinahe“ schon gar nicht. Doch ein Gedankenspiel zum Schluss. Hätte der Kundenberater dem Mann mit der Broschüre ein Haus verkauft und dieser hätte ein gutes Geschäft damit gemacht, wäre nicht viel mehr geschehen. Irgendwie verlaufen sich meine Pläne jedes Mal in dem undurchdringlichen Dickicht aus Titeln, Text und Pointe. Ein gutes Gefühl!

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