Die LSD Pille und ihr Nachgeschmack

Vor kurzem sass ich abends am Fenster und rauchte ein Etwas, dass verdächtig nach Zimt roch. Ich entschloss spontan, noch in diesem Moment die Abgründe der Menschheit näher kennenzulernen. Ich betrat also das „Museum für zeitgenössische Künste“ gleich bei mir um die Ecke. Etwas fragend stellte ich mich vor das erste Bild und begutachtete es von vorn, hinten, oben, unten und wiederholte diesen Vorgang nochmals im Kopfstand. Es schien sich nicht um eines dieser Zauberbilder zu handeln, bei dem man je nach Blickwinkel und Betrachtungsweise eine völlig neue Sichtweise bekommt. Es blieb dunkelblau.
Unauffällig stellte sich ein älterer Herr mit einem vierfarbigen Anzug neben mich und legte seinen Zeigefinger bedeutungsvoll unters Kinn. Ich tat es ihm gleich und gab einen eloquenten Seufzer von mir. Er nickte anerkennend über mein waghalsiges Urteil des Bildes und fügte einen sachter Räusperer an.
So ging das noch eine ganze Weile weiter. Nachdem uns die Körpergeräusche ausgingen, verabschiedeten wir uns stillschweigend mit einem ausdrucksvollem Abgang in Richtung der zweiten Halle. Das nächste Bild trug den lästigen Titel: „Die LSD Pille und ihr Nachgeschmack“. Das Abbild zeigte ein farbenfrohes Chrüsimüsi mit einem vulgär schwarz gepinselten Strick im Zentrum. Um sicher zu stellen, dass das Museum den Titel auch nicht unters falsche Bild gesetzt hat, machte ich mich auf die Suche nach dem Beschwerdebriefkasten. Ich fand einen „Customer Special Service Desk“ mit einer charmanten jungen Dame am anderen Ende des Tresens. Sie hatte denselben Blick wie das vorherige Bild... farbenfroh, jedoch mit einem unschönen Abgang.
Ich räusperte mich, wie das anscheinend in Kunstausstellungen so üblich ist, und setzte zu einem erfolgsverwöhnten Lächeln an. Ungefähr drei Minuten schilderte ich ihr mein Anliegen und kam zum Schluss, dass meine Worte an Weisheit und strukturiertem Aufbau kaum zu überbieten waren. Sie ihrerseits räusperte sich, legte ihren Zeigefinger eloquent unter das Kinn und antwortete mir folgendermassen (Achtung, Zitat!): „Ich bedanke mich bei Ihnen für die konstruktive Kritik und die wohl situierten Worte im Satzaufbau. Jedoch haben wir keinen Einfluss auf die Titel der Kunstwerke und überlassen es den Besuchern, ihre kreativen Gedanken um diesen kreisen zu lassen.“ Sie lächelte frostig und fügte noch an: „Warum riechen sie wie eine gestopfte Zimtkugel?“ Erwischt. Mit dem hatte ich nicht gerechnet.
Mit entschuldigenden Worten verliess ich das Gebäude und ging ohne Umwege nach Hause. Wieder am Fenster stehend betrachtete ich den Sternenhimmel und verlor mich in der Einsamkeit des Universums. Dieser Abend hatte einen merkwürdigen Nachgeschmack!

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